Pressestimmen

Von Mozart zu 20ern

Herrenberg: Abwechslungsreiche Bläser-Matinee

Von Mozart zu 20ern

Musik ist Trumpf, also her mit den musikalischen Häppchen. Schmackhaft geht es los, so ein "Wochenend und Sonnenschein" liegt nicht schwer im Magen, macht Lust auf ein gutes Stück Lebenskunst, die Arbeit kann warten, also ab ins pure Vergnügen. Der von Milton Ager für die erste Boygroup der Welt, die Comedian Harmonists, komponierte Evergreen geht unter einer eher ungewöhnlichen Klangnote ins Ohr. "Die Cornettis" sind das junge Horn-Ensemble der Musikschule. Zwar schwingt der kesse Schlager immer noch im frisch-fröhlichen Lila-Laune-Takt, doch mit "tiefergelegter" Klangfärbung. Ein elegant-satter, samtig-dunkler Wohlklang versüßt die Lust auf das Wochenende.

Zu einem Rendezvous der anderen Art kommt es mit einem jazzigen Stück des polnischen Komponisten Krysztof Zgraja. Zeit für einen charmant prickelnden und anregenden Flirt zwischen Querflöte und Piano. Nathalie Flubacher streut immer mal wieder neckische Triller ein, die an zwitschernde Vögel, zirpende Grillen, verliebte Schmetterlinge im Bauch erinnern. Dank Klavierlehrerin Nicola Hollenbach verströmt das Duo eine belebende, knitze Jazz-Frühlingsprise, sehr smart, en pas sant, ganz im Sinne des Namens der kleinen Jazzperle "Step by Step".

Recht knifflig wird es dann für die Frischlinge im Bläserbereich. Die hören auf den ulkigen Namen "Klariflax". Nein, mit dem Barden Troubadix haben die Musiker jetzt nichts am Hut, der klimpert
ja auch lieber auf einer Harfe herum. Des Rätsels Lösung liegt näher: Man würfle Flöte, Klarinette und Saxofon durcheinander, schüttele den Buchstabensalat kräftig durch, fertig ist "Klariflax". Das Menuetto, an dem sich die Einsteigertruppe versucht, stammt von keinem Geringerem als Mozart. Präzises Timing, aufeinander abgestimmtes Hören - alles kein Kinderspiel.

Das Erwachsenen-Querflöten-Ensemble hat da selbstredend einen Generations vorsprung. Die Mischung macht es, ist genauso kunterbunt wie das aufgetischte Medley aus dem Kultmusical "Mary Poppins". Mal sitzt den "älteren Herrschaften" der Rhythmus-Schalk im Nacken, verschmitzt und schnippisch gibt man sich die Takte an die Hand, mal darf es eine gewitzte Walzermelodie sein, dann wiederum eine Art verträumt-romantisches Wiegenlied.

Auf nach New Orleans

Nach Flugmanövern mit Schirm, Charme und "Damenhut" bleibt es kurzweilig und unterhaltsam. Den Saxofonisten Stefan Dukic und Matthias Holzapfel steht der Sinn nach einem fingerschnipsenden und fetzigen Dixieland in bester New-Orleans-Manier. Die musikalische Südstaaten-Frischzellenkur macht müde Beine wieder munter. Exotisch Angehauchtes folgt mit einem Werk des in Georgien geborenen Weltenbummlers und Pianisten Alexander Tscherepnin. Ob blumiges Sehnsuchtsmotiv, arabeskes Präludium, ein tempogeladener, kapriziöser Tanz oder liebreizend-fantastische Motive - den Querflötenspielern wird Gespür für verschnörkelt-asiatische Melodien abverlangt. Jedenfalls schlüpft dieses kammermusikalische Trio des über lange Zeit in China lebenden Komponisten als Mixtur aus europäischer Klassik und Peking-Oper aus dem Überraschungsei. Das ruft mal Maurice Ravel, mal Igor Strawinsky auf den Plan des Zuhörers. Geschmeidige Glissandi, galante Schnörkel und Kräusel, ein virtuoser Elan - Klarinettistin Linda Schwab und Nicola Hollenbach am Flügel kredenzen das Allegro aus einem Klarinettenkonzert von Carl Stamitz. Zu Mozart ist es da nur noch einen Katzensprung weit. Stamitz gehörte zur Mannheimer Schule, die den Kompositionsstil von Mozart maßgeblich mit beeinflusst hat. Und erneut mischen sich die Karten, Nicola Hollenbach begleitet nun Rebecca Marik an der Querflöte, wieder ein Duett, dieses Mal mit dem Adagio aus einer Sonatine des ungarischen Komponisten Járdányi Pál eines der melancholisch-wehmütigen Sorte. Klangschön, elegisch und sehr melodiös, was will man von einem modernen Adagio mehr erwarten? Der "Blechmafia" und ihren Posaunen ist da allerdings mehr nach einem unbeschwert-swingenden Ritt durch die Welt des Films zumute. Vom James-Bond-Thema über Pink-Panther und Rocky bis zu Fluch der Karibik ist alles dabei, was das Cineasten-Herz höher schlagen lässt. Was zum Anfang taugt, kann auch am Ende nicht schaden. So entlässt einen ein Klarinetten-Ensemble mit dem spritzigen, süffisant-erotischen Frühlingserwachen des Comedian-Harmonists-Schmankerls "Veronika, der Lenz ist da".

 

 

Von Rüdiger Schwarz                                                                                                         Gäubote 25.April 2016

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