Pressestimmen
Ätherischer Glanz
Herrenberg: Harald Streicher spielt Grieg und Debussy
Virtuoses Klavierkonzert: Harald Streicher GB-Foto: Holom
Seit Jahren tritt Harald Streicher, Fachbereichsleiter der Musikschule Herrenberg, als Solopianist auf. Am Samstagabend widmete er sich dabei seinen ganz persönlichen Favoriten: Claude Debussy und Edvard Grieg - im Studio der Musikschule lauschte ein großes Publikum seinem fabelhaften Vortrag.
Streicher, seit 1991 an der Herrenberger Musikschule, machte schon mit der Aufführung sämtlicher Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven auf sich aufmerksam (der "Gäubote" berichtete). Mit Claude Debussy und Edvard Grieg schlug er nun ein anderes Kapitel auf - beide Komponisten sind erklärte Favoriten Streichers, wirkten nahezu zur selben Zeit: Grieg starb 1907, Debussy 1918.
Ihre Werke besitzen eine jeweils sehr eigene, unverwechselbare Klangsprache, stehen sich dabei aber nicht fern. Grieg ist gewiss der Bodenständigere der beiden, verwurzelt in der Mythologie seiner norwegischen Heimat. Debussy dagegen fehlt alles Schwere, seine Stücke sind von leichtem, ätherischem Glanz. Er gilt als Begründer des Impressionismus in der Musik. Ein Hauch davon findet sich, aller Schwere zum Trotz, aber auch bei Grieg - und für beide Komponisten spielte Modest Mussorgsky als Vorbild eine sehr wichtige Rolle.
Harald Streicher informiert die Besucher seines Konzertes auf seinen Programmblättern sehr ausführlich über Leben und Wirken der Komponisten, er fügt Anmerkungen zu den einzelnen Stücken seiner Auswahl hinzu, Übersetzungen ihrer Titel. Als Lehrer fungiert er auch noch auf der Bühne, doch seine Zuhörer profitieren sehr von diesem Unterricht, denn die Musik von Grieg wie von Debussy besitzen stark bildhaften Charakter.
Kontraste und Gemeinsamkeiten
So weiß der Hörer dank Streicher, dass Debussy eine Serenade für die Puppe seiner Tochter schrieb, ein anderes Stück über den Tanz der Schneeflocken, eines über einen kleinen Schäfer, noch eines als Wiegenlied für einen kleinen Elefanten - so setzt sich die Fantasie der Hörer, von der Musik ohnehin schon angerührt, noch einmal in Bewegung. Und die Titel von Griegs "Lyrischen Stücken" rufen ganz von selbst Szenen herauf: Ein Hirtenknabe, ein norwegischer Bauernmarsch, ein Zug der Zwerge, der Ausdruck der werdenden Nacht. Und ein Glockenklang - ausgedrückt mit Quintparallelen.
Harald Streicher lässt im ersten Teil seines Konzertes Debusys "Childrens Corner" auf Griegs "Lyrische Stücke" folgen. Zwei große Blöcke, in denen die Kontraste und Gemeinsamkeiten beider Komponisten hervortreten, die jeweils ganz gefangen nehmen, in eigene Welten entführen. Der Pianist trägt sie so virtuos wie temperamentvoll vor. Der manchmal wuchtige Ton Griegs, die perlenden Melodien Debussys fließen ihm aus dem Fingern, verschränken sich, komplex, beseelt, fehlerfrei, temporeich, berauschend. Im zweiten Teil des Abends lässt Streicher Stücke von Grieg und Debussy in schnellerem Wechsel aufeinanderfolgen, dann Balladen, Walzer, Elegien. Griegs "Hochzeitstag auf Troldhaugen" gehört zum Programm und Debussys "LIsle joyeuse" bildet triumphal den Abschluss. Als Zugabe folgt neben einem Stück Debussys Griegs "In der Halle des Bergkönigs" aus der Peer-Gynt-Suite.
Thomas Morawitzky, Gäubote, 20.10.2015