Pressestimmen

Alle Kritiken in dicke Heftlein geklebt

Bis zum letzten Tag sammelt Wolfgang Teubner seine Artikel und archiviert sie

Tausendsassa und harter Arbeiter: Wolfgang Teubner GB-Foto (Archiv): Bäuerle Tausendsassa und harter Arbeiter: Wolfgang Teubner GB-Foto (Archiv): Bäuerle

"Otto Riemer hatte selbst keine Lust mehr, Kritiken für die Zeitung zu schreiben, er hat meinem Mann dann vorgeschlagen für das 'Heidelberger Tagblatt' zu schreiben, ihn dann immer auf die Konzerte mitgenommen. Mein Mann hat sich dadurch auch sein Studium finanziert", erzählt Christa Teubner. In einem Essay über den Musiker als Beruf merkte der 2014 verstorbene Wolfgang Teubner an, dass eine Solistenkarriere einzuschlagen und zu gestalten den Bemühungen eines Managers nicht unähnlich sei. "Da wie dort wird harte Arbeit verlangt, dazu der Verzicht auf Privates, große Disziplin beim täglichen Einsatz. Und man trägt das Risiko, bei Versagen schnell aus der ersten Etage zu verschwinden", wusste der studierte Kontrabassist, Sänger und Musikhistoriker nur zu gut.

Er entschied sich gegen eine Karriere als professioneller Musiker, ging stattdessen zum renommierten Frankfurter Fischer Verlag, leitete dort die Presseabteilung. Der Weg führte ihn weiter zur amerikanischen Plattenfirma CBS, wo er als Pressechef das Klassik-Ressort unter seine Fittiche nahm. Auch nach dieser Tätigkeit verfasste Wolfgang Teubner bis zuletzt für die verschiedensten Musikverlage kleine Begleittexte für Schallplaten und CD-Booklets. Als Redakteur für sinfonische Musik beim Süddeutschen Rundfunk verschlug es den 1942 in Eisenach Geborenen ins Ländle. In seiner Herrenberger Zeit profitierte die von Teubner ins Leben gerufene Konzertreihe von den Beziehungen, die er als Rundfunkredakteur knüpfen konnte. "Durch die Tätigkeit beim Rundfunk kannte er viele Musiker und konnte diese für Konzertauftritte gewinnen. Sofern die nicht gerade aus Stuttgart kamen, haben die immer bei uns zu Hause übernachtet", erinnert sich Christa Teubner.

Menschlich gesehen zeichneten diesen Wolfgang Teubner vor allem seine Ehrlichkeit, seinem Sinn für Humor und sein leises ironisches Augenzwinkern aus. Als man von ihm beim Vorstellungsgespräch wissen wollte, warum es ausgerechnet einen, der beim Rundfunk gewesen sei, aufs Land an die Herrenberger Musikschule ziehen würde, antwortete der Gefragte, dass seine Frau Lehrerin sei und er auch mal Ferien haben wolle. Der Posten als Musikschulleiter war ihm jedenfalls sicher.

Während seiner 22 Jahre währenden Amtszeit legte er die Fundamente, auf denen die Musikschule noch heute gut aufgestellt ist. Nach wenigen Jahren hatte er bereits über 30 neue Lehrkräfte an Land gezogen und in das bestehende Kollegium integriert. In jener Zeit bekam er Besuch von Hartmut Eipper, einem Musikredakteur vom Süddeutschen Rundfunk. Dabei sprang ein Werkstattgespräch heraus. Das gibt einen kleinen Einblick ins alltägliche Geschäft des damaligen Musikschulleiters. Am Vormittag warteten Verwaltungstätigkeiten wie Haushaltsplan, Korrespondenz oder Registratur, der Nachmittag gehörte der Musik, genauer gesagt dem theoretischen und praktischen Unterricht. Über die Musikschule als "musisches Politikum" hielt der langjährige "Dienststellenleiter" einmal fest, dass sie eine nicht mehr wegdenkbare Institution sei "in der fundamentale Erziehungs- und Bildungsarbeit auf breitester Ebene betrieben wird, vom Kind im vorschulischen Alter bis zum Erwachsenen".

Um die Pressearbeit kümmerte sich Teubner selber, er klebte Plakate, verfasste Konzertankündigungen, schrieb Vor- und Nachberichte, selbst für das Aufstellen von Stühlen und Hausmeisterdienste war sich der Leiter der Musikschule nicht zu schade. Und - er fand nach wie vor Zeit, Konzerte zu besprechen, Rück- und Ausblicke zu Konzerten in der Stadt zu geben und Musikaufnahmen zu rezensieren. Als freier Musikjournalist arbeitete Teubner unter anderem für die "Stuttgarter Zeitung", die "Stuttgarter Nachrichten" - und für den "Gäubote". Daneben veröffentlichte er regelmäßig Beiträge in Fachzeitschriften wie dem "Orchester" oder der "Musik und Medizin". Von der kleinsten Ankündigung bis zum Musikerporträt schnitt er alle seine in den Zeitungen abgedruckten Wortbeiträge aus, klebte sie in kleine Büchlein.

In der Stadtbibliothek lässt es sich nun vortrefflich in einer Auswahl dieser "gesammelten Werke", die Christa Teubner der Musikschule überlassen hat, blättern und schmökern. Man begibt sich auf eine Zeitreise in das kulturelle Leben der Stadt nebst ihrer näheren und weiteren Umgebung, erlebt dazu noch die Entwicklung der Musikschule hautnah mit. Teubners Kritiken waren nie verletzend, er wusste zu unterscheiden, wer eine Koryphäe war, wer nicht, und folglich differenziert zu urteilen, ganz getreu seiner Auffassung von Musikkritik, deren eigentlicher Sinn für ihn "in einer positiven Begleitung und Förderung von Musik und Musikern" lag.

 

Gäubote, 28.04.2018          Rüdiger Schwarz

Zurück