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Auf der sonnigen Seite des Lebens

Auf der sonnigen Seite des Lebens

Auf der Bühne der Alten Turnhalle: Das Orchester der Stadt unter der Leitung von Sabine Blasberg GB-Foto: Vecsey

Passend dazu eröffnet das Stadtorchester unter der Leitung von Sabine Blasberg mit einer Ouvertüre – vom Meister des Crescendo: Gioachino Rossini. Stürmisch und turbulent geht es in dieser Eröffnung der Oper „Il signor Bruschino“, diesem schmissigen Vorhangöffner vor dem Theater aus dem Jahre 1813 zu. Das Orchester entfesselt eine pulsierende Rhythmik, ein musikalisches Feuerwerk. Neben dem feurigen Esprit dürfen die für den Belcanto-Stil so typischen lyrisch-gesanglichen, grazilen und amourösen Momente nicht fehlen. Diese wirbelige Ouvertüre wartet als musikalische „Tour de Farce“ mit einem ganz besonderen Clou auf – einem rhythmischen Klopfen der Streicherbögen auf die Notenpulte. Schließlich nimmt sich der Stoff dieser Oper wie eine Verwechslungskomödie aus. Zwar war diese komische Oper ein Misserfolg, doch ihre Ouvertüre hat eine ganz eigene Konzertkarriere hingelegt.

Das taten noch zwei weitere Stücke des Abends. So brachte es ein sinfonisches Intermezzo des französischen Spätromantikers Jules Massenet zu Weltruhm. Die Méditation aus der Oper „Thais“ atmet in einer Bearbeitung für Violine und Streichorchester den Geist des Fin de Siècle, ohne jedoch von dessen sinnlicher Schwüle erdrückt zu werden. Mit dem Orchester gleitet man auf schimmernden Klangflächen hinfort. Dies letzte, hauchzart-schillernde Abendleuchten der Spätromantik flutet tranceartig dahin, wirkt wie ein „Lichtgebet“. Kein Wunder, erzählen die kontem-plativen und verklärten Klangfarben doch von der christlichen Läuterung und Erleuchtung der Hetäre „Thais“ im Alexan-dria der Spätantike.

Mit Peter Tschaikowskys Walzer aus seiner 1880 komponierten „Serenade für Streichorchester“ kommt ein weiteres Stück, das zum populären Selbstläufer geworden ist, auf das Tableau. Das Orchester beschwört mit blumig-rauschhaften, schwungvollen, mitunter leicht verträumten Walzerklängen noch einmal den strahlenden Glanz der Belle Époque herauf.

Das Kammerkonzert überrascht allerdings auch mit eher selten gespielten Werken von Komponisten, die man heutzutage nicht unbedingt mehr auf der Rechnung hat. Bei einer Sinfonie Concertante von Carl Stamitz sind mit der Violinistin Ga-briele Oswald und dem Bratschisten Malte Borcherding Solisten aus den eigenen Reihen gefragt. Beide sorgen für die filigran verzierten Momente.

Derweil reiht das Orchester ganz im Geiste der „Mannheimer Schule“, zu der Carl Stamitz gehörte, kleinere melodische Motive aneinander, malt abwechslungsreiche Kontraste, lässt unterschiedliche Tempi aufeinanderprallen und Crescendi anschwellen, reicht effektvolle, zuweilen manierierte Rokoko-Figuren an.

Mit dem italienischen Komponisten Domenico Cimarosa wandert das Orchester weiter auf den Spuren vom Übergang der Vorklassik zur Wiener Klassik. Beim „Konzert für zwei Flöten und Orchester“ weiß einen vor allem das fidele, quirlige und genussvolle Flötenspiel von Stefanie Glaubitz und Sabine Wenz zu umschmeicheln. In der 1926 erschienenen „Capriol Suite“ des walisischen Komponisten Peter Warlock, alias Philip Arnold Heseltine, findet der von einem Lehrbuch aus der Renaissance inspirierte Tanz des Lebens seine nahtlose Fortsetzung.

Ob nun mit einer majestätisch dahinschreitenden Basse Danse, einer elegischen Pavane, einem Tourdion, der die Saiten lebhaft zum Springen bringt, dem energetischen Rhythmus einer Branles oder der sphärischen Ruhe einer Tanzfigur wie der „Pieds en ’Air“. Im letzten Tanzsatz brodeln mit dem Stadtorchester unter einer blitzartig aufgelösten Traube von Tönen und sekundenschnell geschichteten Akkorden die musikalischen Elixiere der Moderne auf.

 

Gäubote 12. November 2019                                        Rüdiger Schwarz

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