Pressestimmen
Brillantes Klavierkonzert, einnehmendes Stadtorchester

Die Stadt wird in ihrer Musik lebendig – ein bedeutsamer Baustein des hiesigen Konzertlebens ist das von Sabine Blasberg geleitete Stadtorchester, das am Sonntagabend in die Stadthalle eingeladen hat. Das Programm ist vielversprechend mit drei bekannten, gern gehörten Stücken, der Pianist Harald Streicher tritt als Solist auf – kein Wunder füllt sich die Stadthalle bis fast zum letzten Platz. Die Ouvertüre von Ludwig van Beethoven zu dem Trauerspiel „Egmont“ erklingt als kraftvoller Impuls zum Einstieg in einen wundervollen Abend. Das Drama von Johann Wolfgang von Goethe, zu dem die Ouvertüre komponiert wurde, hat düstere, aufrührerische, auch intime Aspekte. Dieses Auf und Ab klingt darin an und wird vom Stadtorchester sehr schön ausgearbeitet. Es ist mit gerade einmal 40 Mitgliedern nicht eben riesig – im Programm werden wohl darum neue Mitspieler willkommen geheißen – doch gerade das lässt in der romantischen Musik die feinen Nuancen gut zur Geltung kommen, gibt quasi jedem Instrument eine Bedeutung. Nicht Sabine Blasberg, die Leiterin des Stadtorchesters ist erkrankt, sondern ihr Ehemann und Konzertmeister Matthias Blasberg greift zum Taktstock und leitet das Orchester sicher durch den Abend.
Das Klavierkonzert von Edvard Grieg ist das einzige, das der norwegische Komponist vollendet hat. Er schuf es als 24-Jähriger, in Kopenhagen wurde es 1869 uraufgeführt. Es ist ein Werk der Romantik, beginnt leidenschaftlich, leitet über zu sanfteren, auch spielerischen Passagen, in manchen quasi solistischen Passagen wird man entrückt vom empfindsamen Spiel Harald Streichers, um dann wieder sanft vom Orchester eingefangen zu werden. Das Spiel Streichers ist von so großer Präsenz, das Orchester so einfühlsam, dass das Publikum schon nach dem ersten Satz spontan – und zu Recht – applaudiert. Wie aus der Ferne weht der zweite Satz heran, zart, bedächtig, wieder entfaltet das Klavierspiel eine Welt der Empfindungen, das romantische Element hat hier nicht mehr die Bestimmtheit des ersten Satzes, vielmehr wird die Musik abstrakter, verwandelt sich in Bilder, die von Klavier und Orchester in den Raum gemalt werden. Es ist ein großartiger Zusammenklang: Harald Streicher mit seinem strahlenden Spiel, das Orchester, indem es die Stimmungen mitgestaltet und das Geschehen sanft leitet. Der Satz hat wunderschöne Stellen, wie fürs Herz gemacht, und gerade da zeigen sich die Musiker in ihrem Element. Der dritte Satz ist lebhaft, der Strom der zuvor angedeuteten Empfindungen und Eindrücke mündet in große, erhabene Klanggefilde, schließlich brausen die Trompetenklänge im vereinten Rausch mit dem Piano in den Saal. So bleibt das doch eher selten aufgeführte Werk als beseelendes Erlebnis im Gedächtnis, als man in die Pause entlassen wird.
Mit Wolfgang Amadeus Mozarts 40. Sinfonie führt das Stadtorchester ein weiteres, wohlbekanntes und beliebtes Werk auf. Kein leichtes Unterfangen, knüpfen sich doch gerade an etwas Bekanntes hohe Erwartungen. Die Sinfonie in g-Moll ist Teil eines Triptychons, das Mozart in seinen letzten Jahren schuf. Hier verzichtet er, anders als etwa in der Jupiter-Sinfonie, auf Pauken und Trompeten. Das verlangt dem Orchester umso mehr ab, muss doch aller Ausdruck mit wenig heroischen Mitteln erreicht werden. Durch das Fehlen dieser eindringlichen Instrumente wirkt die Musik eher sinnlich, melancholisch. Fast wirkt es gerade in der Aufführung des Stadtorchesters wie Kammermusik, die sich mal tänzerisch, kaum jedoch aufwühlend oder übermütig, im Ganzen eher ruhig gestaltet. Und doch bewahrt sie das Beglückende und Beruhigende der Musik Mozarts.
Musik ist eine Art der Kommunikation. In der Aufführung zeigt sie sich im Einklang der Orchesterelemente untereinander, im Zusammenspiel mit dem Solisten. Diese Kommunikation ist hier großartig gelungen, das mag auch darin begründet sein, dass Harald Streicher und das Stadtorchester nicht zum ersten Mal gemeinsam konzertieren. „Ich bin stolz darauf, mit diesem Orchester zu spielen“, sagt Streicher, der sich als Musikpädagoge an der Musikschule Herrenberg ebenso wie mit zahlreichen, gern auch kammermusikalischen Konzerten einen Namen gemacht hat. Der Stolz dürfte durchaus gegenseitig sein.
Am Ende wird das Orchester mit viel Applaus belohnt, als Zugabe hört man noch einmal einen Satz aus der Sinfonie – ein schöner Begleiter für den Nachhauseweg.
Gäubote, 18.02.2025
Gabriele Pfaus-Schiller