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Das Spielen hilft über manches Tief hinweg

Die Musikschule lud die Kinder und Jugendlichen am Samstag zu einem "Christmas Recording"

Das Spielen hilft über manches Tief hinweg

Die Musikschule lud am Samstag zu einem „Christmas Recording“ in ihr Studio ein GB-Foto: Holom

Reges Treiben herrschte den ganzen Samstag in der Musikschule, natürlich ohne dass sich jemand zu nahe kam, selbst die jungen Musiker hielten im Studio den nötigen Abstand. Viele hatten ihr eigenes Instrument dabei, die meisten eine Geige oder eine Blockflöte. Wer ein Klavierstück spielte, nutzte den Flügel im Studio, musste hier aber die Maske aufbehalten, „denn die Aerosole sind dann ja auf unserem Instrument drauf“, betonte Diana Poppei, Leiterin der Streich- und Zupfabteilung.

Dass die Schüler ihre Auftritte vor Publikum vermissen, beweist die Tatsache, wie gut die neue Idee ankam. „Innerhalb eines Tages waren alle Plätze ausverkauft“, freute sich Poppei. Jeder Musiker, jedes kleine Ensemble hatte rund 25 Minuten Zeit sein Stück aufzunehmen. Über einen Link kann dann der Auftritt von Eltern, Geschwistern, Großeltern und Freunden gemütlich zu Hause angeschaut und angehört werden.

Von 9 Uhr bis 22 Uhr wurde musiziert und aufgenommen. „Uns allen war klar, dass die Idee gut ankommt, denn wir wissen, dass die Schüler gerne ihr Instrument spielen und ihnen das Publikum fehlt“, weiß Poppei. Die Musikschule ist seit längerem eine der wenigen Freizeitbeschäftigungen, die überhaupt ausgeübt werden darf, „dafür sind wir dankbar und gerade in der jetzigen Zeit tut den Kindern und Jugendlichen das Instrument gut, das Spielen kann ihnen über Tiefs hinweghelfen.“

Im Studio der Musikschule sah es fast so aus wie in einem Aufnahmestudio. Vier hohe Mikrofone waren auf die Musiker gerichtet, eine kleine Kamera stand mittendrin auf einem Stativ. Schlagzeuglehrer Johannes Reischmann war für den technischen Part zuständig. Im hinteren Bereich des großen Raumes stand sein voll beladener Tisch. Der Laptop war aufgeklappt, das Aufnahmeprogramm bereit. Direkt daneben stand das sogenannte Interface, daran waren alle Mikro-Kabel angeschlossen, vor dem Tisch lagen kreuz und quer schwarze Kabel.

 „Das Interface wandelt das Signal um, so dass wir am Laptop mit dem Signal überhaupt arbeiten können“, erklärt Johannes Reischmann das Prozedere. Das Interface und ein Mikrofon spendete ein Herrenberger anonym der Musikschule. „Das ist super genial, sonst hätten wir mit privaten Beständen arbeiten müssen.“ Bevor der Link herausgegeben wird, schneidet Reischmann den Ton und das Bild. Der richtige Modus zum Anschauen der Videos ist noch nicht endgültig entschieden – vielleicht ein geschlossener Youtube-Kanal oder doch die Homepage?

Janina Richter ist 18 Jahre alt und hatte am Samstag gleich zwei Mal einen Auftritt. Einmal als Teil eines Trios und am frühen Nachmittag alleine. Auf ihrer Geige spielte die Herrenbergerin von Igor Strawinski „Suite Italienne“. „Obwohl es kein Publikum gab, war ich ein bisschen aufgeregt, aber das bin ich immer“, erzählte die Herrenbergerin, die 2021 am Schickhardt-Gymnasium ihr Abitur machen wird, direkt im Anschluss. Sie nutze den Auftritt aus mehreren Gründen. „Einmal, um das geübte Stück endlich ablegen zu können. Aber auch wegen der Spielpraxis, denn dieses Stück, spiele ich auch im Abi.“ Die Idee sei auf jeden Fall „sehr interessant und gut ist, dass ich hier zwei Versuche habe, wenn ich mich verspiele.“ Direkt im Anschluss ist die 13-jährige Lena an der Reihe, auch sie hat ihre Geige dabei. Sie platziert sich neben dem leuchtenden Weihnachtsbaum, spielt sich ein, Klavierlehrerin Janice Meier begleitet sie, wie auch Harald Streicher dies am Klavier übernahm. Sobald Lena, die in Gärtringen lebt, zu spielen beginnt, ist es im Studio mucksmäuschenstill – wie bei jedem anderen Schüler übrigens auch.

Die Melodie der Sonate 1 von Schubert erfüllt den Raum. Nach zwei Versuchen ist jeder zufrieden und glücklich. „Das hat Spaß gemacht“, freut sich die Schülerin des Albert-Einstein-Gymnasiums in Böblingen. Normalerweise spielt sie in zwei Orchestern „und das fehlt mir, ja ich vermisse es und heute war es ein kleiner Ersatz“. Ein wenig aufgeregt sei sie schon gewesen, verrät sie, „denn ich hatte schon lange keinen Auftritt mehr“.

 

Gäubote, 14.12.2020       Maria-Dolores Bloching

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