Pressestimmen

Ein Fest der Töne

Auf dem Herrenberger Marktplatz. Im Vordergrund stehen 4 Personen. Das Publikum in den Stuhlreihen applaudiert dem Riesenorchester auf der Bühne.
Auf dem Marktplatz wartete das Finale des Musikschultags mit dem Riesenorchester von Thomas Rose. GB-Foto: Vecsey

Der Samstag stand in Herrenbergs Innenstadt ganz im Zeichen der Musik. Ehe nachmittags das Straßenmusikfest unterhielt (siehe separater Artikel), lud zuvor die Musikschule zum Musikschultag ein. Auf vier Bühnen präsentierten die Schüler in zahlreichen Ensembles und Orchestern ein buntes Programm quer durch alle musikalischen Stilrichtungen.

Wassermusik mal anders – Üblicherweise ist auf dem Seeländerplatz nur das Plätschern der Wasserspiele und das gemächliche Vorbeirauschen der Autos zu hören. Am Samstag jedoch mischten sich die Klänge der Percussionensemble-Kids in die Geräuschkulisse. Langsam und ganz allmählich schälten sich die Rhythmen des „Eimerstücks“ aus den Alltagsgeräuschen heraus: Vom einen in das andere Gefäß kippten die Jungs Wasser und bearbeiteten die Plastikkübel dann rhythmisch mit ihren Drumsticks – mal unisono, mal mit kleinen Soli. Auch weitere Instrumente von der Rassel bis zum Becken kamen bei dieser Wassermusik der etwas anderen Art zum Einsatz. Die Darbietung, die schon bei der Band Night in der vergangenen Woche zu hören war, kam auch bei den Besuchern des Musikschultags, die sich auf Bierbänken und unter Sonnenschirmen tummelten, bestens an. „Herrenberg – aufgewacht!!!“, lautete das Motto des morgendlichen Auftakts – und dieses Versprechen löste man spätestens mit der „Samba“ ein. In Call-and-Response-Manier imitierten die Schüler mit Agogo-Bell, Conga, Djembe und Snare-Drum die von ihrem Lehrer Uwe Kühner vorgegebenen Rhythmen. Lange widerstehen konnte das Publikum da nicht und klatschte schon bald mit.

Cool und lässig – Unterdessen versetzten die Mitglieder des Ensembles „Tango & More“ ihre Zuhörer in Urlaubsstimmung. Die hatten sich am Nufringer Tor entspannt auf Bänken und Liegestühlen niedergelassen, um die heiteren Klänge beschienen von Sonnenstrahlen zu genießen. Gute Laune verbreitete der Opener „Oh Happy Day“, den manch einer vielleicht aus der Gospelmusik kannte, der so nonchalant interpretiert mit Akkordeon, Saxofon, Cello, Klavier und Schlagzeug aber ebenso zu gefallen wusste. Lässig und ungezwungen auch die kurze Impression aus dem Jahre 1925: der Jazzstandard „Sweet Georgia Brown“. So richtig drehte Waltraud Epple-Holom mit ihrem Ensemble dann aber beim jazzig-coolen, bereits ab dem ersten Takt fesselnden „Peter Gunn“-Theme auf: Mit der treibenden Bassline und den scharf mit dem Balg angerissenen Akkordeon-Klängen hielt das Ensemble die Spannung konstant aufrecht und krönte die Performance mit einem dissonanten Schlussakkord. Da nickten selbst die Kids atemlos mit dem Kopf und manch ein Erwachsener schob sich die Sonnenbrille auf die Nase.

Überall Instrumente – Auf dem Weg zum Marktplatz waren sie dann omnipräsent: junge Leute mit Instrumentenkoffern. Sie hatten die Altstadt am Musikschultag ganz offensichtlich gekapert. Kaum ein Ort, wo nicht leise Gitarrenmusik, zarte Flötentöne oder strahlende Blechbläserklänge ans Ohr drangen. Auch auf dem Marktplatz gab es am Samstag zum Eisbecher eine kostenlose musikalische Beilage. Etwa vom Celloensemble unter der Leitung von Andrés Ruiz-Sará. Nicht nur in puncto Alter und Niveau entpuppten sich die zwölf Musiker als äußerst divers, auch bei der Literaturauswahl zeigte man ein breites Spektrum – vom wogenden Reigentanz „Schiarazula Marazula“ über eine zarte Händel’sche Gavotte in C-Dur bis hin zu einer herzerweichenden Version des Beatles-Songs „Michelle“, deren schwere Moll-Klänge sich in eine Dur-Tonart auflösten. Pure jüdische Lebensfreude verbreitete sich zum Schluss mit dem hebräischen Volkslied „Hava Nagila“.

Pippi trifft auf Wanze – Derweil stimmten die Kinder der musikalischen Früherziehung ihr letztes Lied im Klosterhof an, wo die Zuhörer dicht gedrängt standen. Und dann war es auch schon an der Zeit für den Auftritt von „Tutti flutti“, Stefanie Glaubitz’ Ensemble mit fünf Flöten und drei Gitarren, die „musikalische Ohrwürmer“ im Gepäck hatten. Mal ließ man Pippi Langstrumpf durch die Luft hüpfen, mal die kleine Wanze auf der Lauer über die Mauer tanzen. Dann stampfte man in den Pausen mit den Füßen, ließ die Fingernägel über den Gitarrenkorpus tanzen oder ein rasches Tongewusel auf den Flöten erklingen. Selbst die langgezogenen Fermaten schmückte man erfinderisch aus. Die Aufmerksamkeit war den acht Jugendlichen so sicher: Aus den Fenstern des Klosterhofs linsten neugierig gewordene Kinder und ein Mädchen mit Sonnenhut setzte sich dem Ensemble auf der Treppe zu Füßen, um noch näher dran zu sein an allem, was die Kids da Spannendes boten. Ganz gleich, an welcher Station man beim Musikschultag vorbeikam – die Musiker wussten genau, wie sie ihr Publikum fesseln und zum Verweilen animieren können.

Gäubote, 14.07.2025
Nadine Dürr

 

 

 

Zurück