Pressestimmen

Friedliche Stunde in unfriedlichen Zeiten

Die Musiker und Sänger boten in der Stiftskirche eine wundervolle Stunde. GB-Foto: Holom

Das Adventskonzert des Jugendsinfonieorchesters der Musikschule und der Kinder- und Jugendkantorei der Stiftskirche vereinte vielerlei Stimmungen mit heilsamer Wirkung auf hohem Niveau.

Es ist Advent – Zeit der hoffnungsvollen Erwartung, die angesichts einer unfriedlichen Welt weit mehr umfasst als das kommende Weihnachtsfest. So erlebte man am Samstagabend das Adventskonzert in der Stiftskirche, das von Kinder- und Jugendkantorei sowie dem Jugendsinfonieorchester der Musikschule gemeinsam gestaltet wurde. Die Stiftskirche ist zum Bersten voll, Familien und Freunde warten gespannt, sind so aufgeregt wie die jungen Sänger und Musiker selbst. „Wir wollen Sie aus dem Alltag wegbeamen“, verspricht Christa Feige in ihrer Begrüßung – und so geschieht es: Für eine Stunde wird man davongetragen in die Welt der Musik. Gemeinsam machen sich Orchester und Chor unter der Leitung von Miriam Raspe auf den Weg, mit dem Kyrie aus der Messe in G von Christopher Tambling entsteht eine Stimmung der Ruhe und Erwartung. Vom jugendlich-kraftvollen Bass über die verschiedenen Stimmlagen bis hin zum Sopran erlebt man eine differenzierte, starke Ausdruckskraft des Chors, das Gloria erstrahlt als wirkungsvolles Öffnen von Ohr und Herz.

Die Kinderkantorei unter der Leitung von Christa Feige, begleitet von Johannes Fiedler am Klavier, versetzt mit vier Adventsliedern in eine intime Stimmung. „Advent ist ein Leuchten, ein Licht in der Nacht“ leuchtet auf wie eine einsame Kerze im Dunklen, wie ein Hoffnungsflämmchen in der Nacht. Schön in diesem Konzert ist der Reichtum an Stimmungen, die Verschiedenartigkeit der Stücke. Es umfasst die Widersprüche der Adventszeit, Stress wie auch Besinnung, Vorfreude ebenso wie Ausgelassenheit. So wird man nun mit der „Bauernhochzeit“ aus Bedrich Smetanas „Die Moldau“ vom Jugendsinfonieorchester unversehens in eine fröhliche Welt versetzt. Dem folgt sodann ein musikalisch schön gestaltetes Anschwellen der Moldauwogen, die Stromschnellen von Sankt Johann sind elementare Naturgewalt, von den Bläsern, die sich wohl selbst etwas mitreißen lassen, machtvoll intoniert. Der reißende Fluss wogt und tost durch die Stiftskirche, man atmet ein wenig auf, als die spannende Stelle kommt, an der Stille eintritt, der Strom melodisch verebbt, um einem wiederum kraftvoll triumphierenden Finale Raum zu geben.

Weit hinweggetragen in die Welt der Klänge ist man bereit, mit „Lieb Nachtigall, wach auf!“ sich von den schön ausgebildeten Stimmen des Gesangsensembles unter der Leitung von Ryoko Yoshihara zart umarmen zu lassen. Nach „Es ist ein Ros entsprungen“ leitet das Jugendsinfonieorchester zurück in die weltliche, von Märchen verzauberte Sphäre, intoniert einen Tanz, leicht und heiter, es ist der „Tanz der Zuckerfee“ aus „Der Nussknacker“ von Peter Tschaikowsky, dem folgt der „Blumenwalzer“, ein bisschen schwerer, als klängen da die dunklen Seiten des Daseins an.

Die Jugendkantorei singt drei Lieder von John Rutter, feinsinnig, dann besinnlich, schließlich ein munteres „Star Carol“, so klangsensibel wie das Dirigat von Christa Feige, das spontan mit einem kleinen Extraapplaus gewürdigt wird.

Die Stunde neigt sich dem Ende zu, Weihnachten naht musikalisch, wieder treten Orchester und Chöre gemeinsam an, „Halleluja“ aus dem Oratorium „Der Messias“ von Georg Friedrich Händel bildet einen großartigen Höhepunkt. Bis hinauf in die Spitzbögen der Kirche und darüber hinaus entfaltet sich die Musik, die Chorstimmen so prägnant wie die einzelnen Instrumentengruppen, man erlebt das Ganze als großartiges Zusammenspiel auf hohem Niveau. Eine Stunde ohne Zwischenapplaus, der Wunsch war zuvor geäußert, so konnte die Entführung aus dem Alltag gelingen. Doch nun muss es sein, nun ist kein Halten mehr: Ein stürmischer Applaus setzt ein, in dem viel jugendliche Begeisterung mitschwingt, lautstarke Bravos, man möchte zum künftigen Mitsingen auffordern, und vielleicht lässt sich der eine oder die andere ja auch dazu animieren. Und es geht weiter, das Halleluja ist der Höhe-, doch kein Schlusspunkt, es öffnet vielmehr ein Tor: „Irische Segenswünsche“ von Christopher Tambling werden den Besuchern von allen Ensembles gemeinsam zum Abschied mitgegeben, eine Musik, die nicht endet, sondern offenlässt: Sie kann ebenso wie das gemeinsame Musizieren ihre heilsame Wirkung über diese wundervolle, friedliche Stunde hinaus entfalten – eine weise Programmgestaltung in unfriedlichen Zeiten!

Gäubote, 09.12.2024
Gabriele Pfaus-Schiller

 

 

 

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