Pressestimmen

Juwelen der Trompete

Internationales Ensemble in Musikschule

Juwelen der Trompete

Mit den beiden Franzosen ist man auch schon mittendrin in der zeitgenössischen Musik des vergangenen Jahrhunderts, wo alle bis dahin geltenden Hörgewohnheiten schon mal auf den Kopf gestellt und über den Haufen geworfen wurden. Folglich liefern Benoit Maurer und Pianistin Petra Menzel mit Alfred Desenclos' "Incantation, thrène et danse" ein recht schillerendes Klangkaleidoskop ab. So arg viel ist da nicht mehr von den französischen Hausgöttern Maurice Ravel und Claude Debussy übrig geblieben. Obgleich sich dieser Alfred Desenclos selbst durchaus als Romantiker sah. Eine kleine, sanfte und bittersüß zarte Romanze klingt an, allerdings scheint sie merklich von der Jazz-Musik beeinflusst worden zu sein. Dramaturgisch betrachtet ist man da schon bei der Ruhe nach dem Sturm, der Endstation Sehnsucht angelangt.

Denn zuvor bricht das kongeniale Duo dunkel raunende, eindringlich-expressive und unruhig-eruptive Klangkaskaden vom Zaun. Auch der "Suite pour trois Trompettes" von Henri Tomasi drückt eine pulsierende und vibrierende, wie unter Strom stehende Rhythmik ihren Stempel auf. Harmonien treffen hier auf Dissonanzen, eine markante "Havanaise" auf eine charaktervolle "Danse Bolivienne". Natürlich wird es bei so einer frei, reichlich assoziativ und impulsiv interpretierten kubanischen und südamerikanischen Tanzrhythmik schon einmal heißblütig, feurig und temperamentvoll. Sonderlich überraschend kommt das jetzt nicht, gehörte dieser Henri Tomasi doch zu den Mitbegründern der einflussreichen Pariser Kammermusikgesellschaft "Triton", die sich Anfang der 1930er Jahre der zeitgenössischen Musik verschrieben hatte.

Moderne, neutönerne Klangkunst bringen auch Nicolai Jakesch und Petra Menzel am Klavier zu Gehör. Erneut bildet die Hauspianistin der Trompetenklasse mit einem der jungen Trompeter ein kongeniales Duo. Von der Gavotte, wie man sie als gängigen Bestandteil der barocken Suite kennt, kann sich der Zuhörer bei der "Gavotte de Concert" des Schweizers Heinrich Sutermeister, einem Schüler von Carl Orff, getrost verabschieden. Denn diese Gavotte hüpft wie ein zerrissen-aufgewühlter Fiebertraum, ein elektrifizierendes, turbulentes Rhythmusgewitter aus dem Überraschungsei. Das mitunter atonale Klangpoem hat alles zu bieten, was Neutöner so aufgefahren haben, es brodelt, irrlichtert, Töne schießen wie elektrische Impulse durch die Nervenbahnen. Das alles ist faszinierend, zugleich aber auch verstörend, ist nah am Puls modern-nervöser, tumultartig-rasanter Zeiten. Mal ist da eine expressive Dramatik, die an Igor Strawinsky erinnert, mal eine dissonante Harmonik, die Arnold Schönberg auf den Plan ruft samt einer Jazz-Note im Spiel. Mehr klassisch und tonal nimmt sich dagegen das Trompetenkonzert in As-Dur des armenischen Komponisten Alexander Arutjunjan aus. Pianistin Petra Menzel begleitet dieses Mal Matyas Regyep an der Trompete. Mit dem Duo taucht das Publikum in eine farbenreiche, leidenschaftliche und gefühlvolle, melodramatische und lyrisch-sentimentale Klangwelt ein. Die Anklänge an die orientalisch, ornamental anmutende armenische Folklore sind unüberhörbar. Eine empfindsame Sehnsuchtsnote trifft hier auf eine expressionistische Dramatik und überschießende, rauschhafte Pathetik.

Eine Intrada aus dem Trio für drei Trompeten des Dänen Thorvald Hansen und der erste Satz aus dem Konzert in f-Moll des Deutschrussen Oskar Böhme, der dem Terror Josef Stalins zum Opfer fiel, atmen den Geist der Spätromantik. Irgendwo zwischen Tschaikowsky und Rachmaninow, Schumann und Chopin reichen Trompetenspielerin Lin Chai und Petra Menzel mit Böhmes Konzert ein malerisch perlendes, sehnsuchtsvolles, schönheitstrunkenes und farbenprächtiges Klangbouquet an. Mit Trompeter Xavier Gendreau, zum wiederholten Male Petra Menzel am Klavier und dem "Second Solo de Concours" von Theo Charlier weht einen ein verträumtes, amouröses, scherzoartiges melodisches Flair an.

 

Gäubote, 18.06.2018                               Rüdiger Schwarz

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