Pressestimmen
Mit Musik erschaffene Welten
Herrenberg: Bei "Pop, Jazz and more " musizieren Schüler und Lehrer der Musikschule im Studio
Die Gruppe "Jazz Combo" war eine von vielen der Herrenberger Musikschule, die sich im Studio präsentierten GB-Foto: Bäuerle
Die Herrenberger Musikschule ist mehr als nur Geige und Klavier. Am Freitagabend lud sie ein zu "Pop, Jazz and more " - und viele Stunden lang wechselten sich Ensembles, Musikschüler und Lehrer auf der Bühne des Studios der Musikschule ab.
Sie haben geübt, sie können etwas, sie zeigen es. Ihr Publikum ist niemals klein am Freitagabend - immer ist jemand im Studio der Musikschule. Musik, bei welcher der Rhythmus in aller Regel weit mehr im Vordergrund steht als bei der Klassik, steht auf dem Programm. Jazz dominiert dabei sehr deutlich, die Rockmusik wird ein wenig gestreift, und für den Pop sorgt das Duo, das die Umbaupausen überbrückt: Joris Rose, an der Musikschule in der Gesangsklasse von Cordelia Hanus, hatte einst eine Band, die sich auflöste - nun tritt er mit Yannik Supper, dem Schlagzeuger dieser alten Band, als Duo auf, spielt selbst komponierte Songs, schlägt die Gitarre, erschafft sich Welten, indem er Klänge in den Kreislauf seiner Loop-Station schickt und dem Spiel von Schlagzeug und Gitarre zusätzliche Tiefe verleiht. Bevor der Popularmusikabend der Musikschule zu Ende geht, tritt Joris Rose schließlich auch mit seiner neuen Band auf. Sie nennt sich "Sky Five", bei ihr ist nun einmal nicht der alte Schlagzeuger mit dabei, sondern der alte Bassist. Der neue Schlagzeuger heißt Tarek Münchinger. Die Gitarre schnarrt clever verzerrt im schnelleren Rhythmus, Joris Rose und Bassist Mario Reiter singen.
Puristische Eröffnung
Eröffnet wird das Konzert puristisch von der "Jazz Combo", zu der Horst Vater, Klaus Bauer, Jonas Malang und Hannes Rodewald gehören, und die geleitet wird von Heiko Mall: Kontrabass, Schlagzeug, Gitarre und Tenorsaxofon. Ihr Set beginnt mit dem immer zupackenden "Mercy, Mercy", das Joe Zawinul für Cannonball Adderly schrieb, setzt sich fort mit Duke Ellington und wagt sich vor zu John Coltranes Interpretation des Standards "My favorite Things". "Erst das schöne Thema", erklärt Heiko Mall, "dann löst die Band den ganzen Rhythmus auf und der Bass spielt frei." Aber was ist Freiheit? Der modale Jazz stellt Musiker manchmal vor Schwierigkeiten, die man nicht geahnt hätte: "Wenn man immer nur bei einem Akkord bleibt, kann das auch schnell langweilig werden." Die "Jazz Combo" jedenfalls findet den Boden wieder mit einem Bossa - er ist bekannt: "Black Orpheus" heißt er, den gleichnamigen Film von 1959 aber hat keiner gesehen.
In Plastikkübeln steckt Leben
Das Mittelfeld des populären Musiktages gehört den beiden Percussionensembles unter Leitung von Uwe Kühner und den beiden Projektgruppen der Musikschule. Julius Schilling, Timo Scherman, Mischa Heinrich, Anne Bettermann, Jacob Rose und Henning Würth gehören der einen Projektgruppe an, so sagt das Programmblatt, Mario Reiter, Michael Schieber, Jared von Schmeling, Rebecca Nitsch und Vincent Schlack der zweiten. "Get Back" von den Beatles reitet durchs Studio, "Sweet Home Alabama" von Lynyrd Skynyrd hüpft zum harten Beat und zeigt sich bemerkenswert wandlungsfähig. Sind die Percussion-Gruppen an der Reihe (Maximilian Röhm, Hannes Rodewald, Markus Rössler in der einen, Philip Kartje und Valentino Maroulis in der anderen), erlebt der Konzertbesucher beispielsweise, dass auch in den Plastikkübeln, die für einschlägige Baumärkte werben, Musik steckt, Rhythmus, Leben.
Schüler folgen Lehrer
Das Schlusslicht bildet das vielköpfige Saxofonensemble, geleitet von Laszlo Kocsis: An diesem Abend ist es zwölf Musiker stark, Tenor, Alt und Baritonsaxofon klingen zusammen. Martin Hering, sonst eher dem Jugendhaus als der Musikschule verbunden, spielt den Kontrabass, Yannik Supper das Schlagzeug, Thomas Rose die Gitarre. Die Saxofonisten greifen auch mal zur Klarinette, ein Stück wird ausschließlich von Flöten vorgetragen. Das erste Stück, welches das Ensemble spielt, heißt "My Blue Heaven". Kocsis macht es seinen Schülern fehlerfrei vor - und sie warten nur darauf, es ihm gleichzutun. Bald tanzen die Soli durch die Musikschule.
Thomas Morawitzky, Gäubote, 29.06.2015